April 15, 2024

Telemedizin in der Heimbeatmung: Eine Revolution in der Versorgung von Patient:innen?

Die Digitalisierung hat auch die Medizin revolutioniert. Neben immer futuristischeren Diagnostiken und Therapiemöglichkeiten, die man in erster Linie damit verbindet, haben sich auch die Möglichkeiten der telemedizinischen Versorgung stetig weiterentwickelt. Die Telemedizin hat ganz unterschiedliche Gesichter und bietet die Chance, die Versorgung von Patient:innen enorm zu erleichtern und zu verbessern. In einigen Bereichen leisten telemedizinische Anwendungen bereits Großartiges, in anderen hingegen ist noch sehr viel Luft nach oben. Beides lässt sich anhand der Beatmungsmedizin sehr gut aufzeigen.

 

Was ist eigentlich Telemedizin?

Der Begriff Telemedizin wird sehr breit eingesetzt und fasst eine ganze Reihe teils sehr unterschiedlicher Bereiche zusammen. Grundlegend kann man sagen, dass mit Telemedizin digitale Technologien zur Unterstützung und Verbesserung der Gesundheitsversorgung gemeint sind. Dazu gehören z.B. Fernüberwachung von Patient:innen, elektronische Übermittlung von medizinischen Daten sowie mobile Gesundheitsanwendungen und -dienste. Es gibt aber auch telemedizinische Möglichkeiten in der Kommunikation und Unterstützung zwischen Mediziner:innen, wie zum Beispiel die Telechirurgie oder Fernkonsultationen per Video oder Telefon. Alle telemedizinischen Anwendungen zielen darauf ab, den Zugang zur medizinischen Versorgung zu erleichtern und zu verbessern und die Betreuung von Patient:innen zu optimieren. Besonders in ländlichen oder unterversorgten Gebieten zeigt die Telemedizin bereits jetzt ihr enormes Potenzial.

 

In der Heimbeatmung ermöglicht die Telemedizin zum Beispiel eine bessere Überwachung und Betreuung der Patient:innen durch medizinisches Fachpersonal, ohne dass dieses physisch anwesend sein muss. Diese Form der Betreuung spielt eine entscheidende Rolle in der Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen, und bietet zugleich eine wichtige Entlastung für Angehörige und Pflegekräfte, da z.B. Therapieanpassungen kurzfristiger vorgenommen und Fragen oder Sorgen rund um den Gesundheitszustand unkompliziert geklärt werden können.

 

Telemedizinische Fortschritte in der Heimbeatmung

Die Fortschritte in der Telemedizin im Bereich der Heimbeatmung sind bemerkenswert. Es gibt hochentwickelte Monitoring-Geräte, die Vitaldaten zum Teil sogar in Echtzeit übermitteln können. Bislang sind jedoch häufiger Geräte im Einsatz, die zu festgelegten Zeiten die Daten in eine Cloud übermitteln, auf die das Betreuungs-Team Zugriff hat. Denn die technischen und rechtlichen Anforderungen an eine Echtzeit-Überwachung sind hoch – schließlich hängen Menschenleben unmittelbar von einer störungs- und verlustfreien Datenübermittlung ab. Und natürlich auch davon, ob ausreichend Fachkräfte zur Verfügung stehen, um die Daten zu überwachen und eventuell nötige Schritte einzuleiten. Aus diesen Gründen ist es bislang auch nicht möglich, Einstellungen der Beatmungsgeräte aus der Ferne zu verändern. Die technischen Möglichkeiten sind zwar oft bereits vorhanden, jedoch durch die Geräte-Hersteller:innen deaktiviert. Nur so kann bisher sichergestellt werden, dass weder unberechtigt noch versehentlich Einstellungen verändert werden.

 

Mit den zugehörigen Software-Lösungen, die eine effiziente Datenauswertung und Kommunikation ermöglichen, eröffnen diese Technologien  schon jetzt eine präzisere Überwachung aus der Ferne. So können nicht nur Patient:innen und ihre Angehörigen, sondern in kritischen Phasen auch das Betreuungspersonal durch Spezialist:innen unterstützt werden. Dass alle Daten sofort an Expert:innen übermittelt und von ihnen beurteilt werden können vermittelt nicht nur Patient:innen ein sicheres Gefühl, sondern entlastet außerdem die Unterstützungskräfte vor Ort.

 

Vorteile für Patient:innen, Angehörige und Pflegepersonal

Die Nutzung telemedizinischer Möglichkeiten in der Heimbeatmung hat etliche Vorteile. Für Patient:innen ermöglicht sie eine verbesserte Versorgungsqualität, da Änderungen in ihrem Gesundheitszustand schneller erkannt werden können und entsprechend darauf reagiert werden kann. Pflegepersonal und Angehörige profitieren von der deutlichen Entlastung, die die Telemedizin durch die Vereinfachung routinemäßiger Untersuchungen und der Dokumentation mit sich bringt. In der Praxis zeigt sich, dass durch den Einsatz telemedizinischer Lösungen die Hospitalisierungsrate gesenkt und die Lebensqualität der Patient:innen verbessert werden kann. Und natürlich gibt die Telemedizin vor allem pflegerischen Laien mehr Sicherheit und entlastet sie dadurch psychisch.

 

Der Einsatz von Telemedizin bei der Beatmungsentwöhnung

Ein weiteres entscheidendes Feld, in dem die Telemedizin eine wichtige Rolle spielt, ist das Weaning. Die Entwöhnung von der mechanischen Beatmung ist ein komplexer und sensibler Prozess, der eine sorgfältige Überwachung und Anpassung der Beatmungsunterstützung erfordert. Durch den Einsatz telemedizinischer Technologien können Mediziner:innen diesen Prozess aus der Ferne überwachen, wodurch eine engmaschigere Betreuung und eine individuell angepasste Vorgehensweise ermöglicht wird. Die Telemedizin bietet dabei nicht nur die Möglichkeit zur kontinuierlichen Überwachung der Atemfunktion und Vitalparameter, sondern ermöglicht auch eine direkte Kommunikation zwischen dem medizinischen Fachpersonal vor Ort und Expert:innen auf dem Gebiet der Beatmungsentwöhnung. Dies erlaubt eine schnelle Reaktion auf Veränderungen im Zustand der Patient:innen und kann eine effektive und sichere Entwöhnung unterstützen. Im Bereich der Heimbeatmung dürfte dies zwar noch Zukunftsmusik sein, jedoch nutzen wir im Rahmen von PRiVENT unter anderem telemedizinische Konsultationen zwischen Weaning-Zentren und den teilnehmenden Intensivstationen mit großem Erfolg.

Die Integration der Telemedizin in die Beatmungsentwöhnung stellt somit einen vielversprechenden Ansatz dar, um die Erfolgsraten beim Weaning zu erhöhen und die Dauer des Entwöhnungsprozesses zu verkürzen.

 

Herausforderungen und Lösungen

Wie bereits zuvor beschrieben gibt es trotz der offensichtlichen Vorteile auch etliche Herausforderungen bei der Implementierung telemedizinischer Lösungen in der Heimbeatmung. Dazu zählen technische und rechtliche, aber auch finanzielle Hürden. Lösungsansätze für Investitionen in die technische Infrastruktur, sichere und datenschutzkonforme Datenübermittlungen und die Schaffung klarer rechtlicher Rahmenbedingungen sind entscheidend für den Erfolg der Telemedizin in diesem Bereich. Im Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (IPReG) ist der Einsatz von Telemedizin in der außerklinischen Intensivpflege als eine Möglichkeit zur Verbesserung der Versorgungsqualität und zur Unterstützung des Weaning-Prozesses auf jeden Fall schon verankert. Zum IPReG werden Sie in den kommenden Monaten auch noch einen ausführlicheren Beitrag in unserem Blog finden.

Haben Sie Fragen oder benötigen Sie Informationsmaterial?

Dann hören Sie gerne in unseren Podcast hinein. Die Links zu Spotify und Youtube finden Sie bei den Social-Icons auf dieser Seite. Der Podcast steht Ihnen jedoch auch auf allen anderen gängigen Plattformen zur Verfügung. In unserem Downloadbereich können Sie sich außerdem gerne die Flyer für Patient:innen oder Fachkreise herunterladen. Auf der Startseite finden Sie darüber hinaus ein Erklärvideo, das PRiVENT kurz und knapp erklärt. 

Leave a comment