Insbesondere bei beatmeten Patient:innen gehört die im Krankenhaus erworbene Lungenentzündung (HAP = Hospital-acquired pneumonia) zu den häufigsten Infektionen, die im Lauf des Krankenhausaufenthalts als Komplikation auftreten kann. Und es ist keine leichte Komplikation: Die HAP ist mit einem längeren Krankenhausaufenthalt und einer erhöhten Sterblichkeit verbunden. Eine Ende letzten Jahres veröffentlichte Studie zeigt, dass Zähneputzen das Risiko einer HAP für Patient:innen auf Intensivstationen deutlich senken kann.
Wie viele Patient:innen erkranken im Krankenhaus an einer Lungenentzündung?
Die Häufigkeit einer sogenannten nosokomialen Lungenentzündung, wie die HAP auch genannt wird, variiert je nach Patientengruppe und steigt insbesondere mit dem Bedarf an Intensivpflege und künstlicher Beatmung:
Insgesamt liegt die Inzidenz der HAP in Deutschland schätzungsweise bei 0,5 % bis 1 % aller stationär aufgenommenen Patient:innen.
Auf Intensivstationen ist die Rate deutlich höher. Hier infizieren sich schätzungsweise 5 % bis 10 % der Patient:innen mit einer Lungenentzündung. Dies liegt an der erhöhten Anfälligkeit der schwerkranken Patient:innen aufgrund der längeren Krankenhausaufenthalte und oft schweren Grunderkrankungen, außerdem haben diese oft invasive Eingriffe hinter sich und häufig mehrere andere Krankheiten (sogenannten Komorbiditäten). Körper und Immunsystem sind bereits voll ausgelastet und sind dadurch anfälliger für zusätzliche Infektionen.
Bei Patient:innen, die mechanisch beatmet werden, ist das Risiko für eine Lungenentzündung noch höher. Hier spricht man häufig auch von einer ventilatorassoziierten Pneumonie (VAP). Ungefähr 10 % bis 25 % der beatmeten Patient:innen entwickeln eine Pneumonie, wobei das Risiko mit der Dauer der Beatmung steigt.
(Diese Zahlen basieren auf verschiedenen Studien und Berichten aus deutschen Krankenhäusern und sind repräsentativ für westliche Industrieländer. Die tatsächlichen Raten können je nach spezifischem Setting oder Studie variieren.)
Die Mundhöhle als Ursprung?
Im Mundraum jedes Menschen befinden sich unzählige Keime. Diese können nicht nur lokale Erkrankungen wie Karies, Zahnfleischentzündungen (Gingivitis) oder Parodontitis verursachen, sondern auch ins Innere des Körpers dringen und dort Gesundheitsprobleme hervorrufen. Eine schlechte Mundhygiene und die Ansammlung von Bakterien im Mundraum können Keime freisetzen, die über das Blut in andere Körperbereiche gelangen und dort Infektionen oder Entzündungen auslösen. Beispiele für systemische Erkrankungen, die manchmal mit oralen Keimen in Verbindung gebracht werden, sind z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus. Die Keime können aber auch eine Lungenentzündung verursachen, wenn sie durch eine starke Verkeimung im Mundraum vermehrt eingeatmet werden. Zur Vermeidung einer HAP werden bei schwerkranken Patient:innen daher im Mundraum häufig Antiseptika eingesetzt, um die Keimbelastung dort zu reduzieren. Ein wirklicher Nutzen konnte jedoch nie bewiesen werden.
Eine Ende 2023 veröffentlichte Analyse von 15 Studien, in denen insgesamt fast 2800 Patient:innen eingeschlossen waren, zeigt, dass das Putzen der Zähne sich jedoch positiv auf die Vorbeugung einer HAP bei Intensivpatient:innen auswirkt.
Weniger Plaque, weniger Lungenentzündung
In der Meta-Analyse haben sich die Autor:innen verschiedene Aspekte im Zusammenhang mit dem Zähneputzen bei Intensiv-Patient:innen angeschaut: 1. das Auftreten von Lungenentzündungen, 2. die Sterblichkeit im Krankenhaus bzw. auf der Intensivstation, 3. die Dauer der maschinellen Beatmung, 4. die Dauer des Aufenthalts im Krankenhaus bzw. auf der Intensivstation und 5. den Einsatz von Antibiotika.
Und tatsächlich: Patient:innen, denen täglich die Zähne geputzt wurden, hatten ein 33 % niedrigeres Risiko, eine Lungenentzündung zu entwickeln. Die Sterblichkeit auf der Intensivstation verringerte sich bei ihnen im Vergleich zu Patient:innen mit einer weniger guten Mundhygiene um 19 %.
Außerdem mussten beatmete Patient:innen mit geputzten Zähnen im Mittel 1,24 Tage kürzer beatmet werden und konnten die Intensivstation im Schnitt 1,78 Tage früher verlassen als beatmete Patient:innen mit ungeputzten Zähnen.
Auf die Gesamtdauer des Krankenhausaufenthaltes und auf die Notwendigkeit von Antibiotika hatte das Zähneputzen hingegen keinen Einfluss.
Fazit
Insbesondere beatmete Patient:innen profitieren deutlich vom Zähneputzen. Die Autor:innen empfehlen daher das tägliche Zähneputzen als Strategie zur Vorbeugung von krankenhausbedingten Lungenentzündungen. Ihre Analyse zeigt, dass mechanisches Bürsten die Keime im Mundraum effektiv bekämpfen kann.
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