Apps auf Smartphone und Tablet machen uns das Leben…
…leichter? Leider nicht immer. Aber dank ihrer teils nervtötenden Präsenz können sie tatsächlich eine große Hilfe sein, uns zu erinnern und den eigenen inneren Schweinehund zu überlisten. Ein Phänomen, das auch unter dem Begriff „Motivationshilfe“ bekannt ist.
Hilft’s? Oder nervt’s?
Man kann sich redlich darüber streiten, ob Apps digitale Helfer oder digitale Tyrannen sind. Bei Gesundheitsapps stimmt beides: Da sind sie gefühlt zwar häufig Tyrannen – werden jedoch genau dadurch zu Helfern, um zum Beispiel notwendige Übungen durchzuziehen, Medikamente pünktlich einzunehmen oder einen Überblick über Therapie- bzw. Krankheitsverlauf zu erhalten. Die Apps erinnern, ermuntern, tadeln und machen verfolgbar, was man getan hat – oder eben nicht. Zumindest bei den durch Sensoren messbaren Parametern fällt es deutlich schwerer, sich selbst oder, bei verordnetem Einsatz, seinen Therapeut:innen etwas vorzumachen. Apps tracken gnadenlos alle Daten, derer sie habhaft werden können. In Kombination mit Fitness-Trackern oder Smart-Watches oftmals auch medizinisch relevante Daten von Herzfrequenz bis Stabilität des Gangs und bei den hochpreisigeren Geräten sogar den Sauerstoffgehalt im Blut. So lassen sich Trainingsfortschritt und die Veränderungen des gesundheitlichen Zustands ablesen. Je nach App kommen außerdem Erinnerungen an tägliche Übungen dazu.
Wie können Apps bei Lungen-Erkrankungen helfen?
Apps können bei Lungen-Erkrankungen in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt werden. Es gibt Apps für Patient:innen mit allergischem Asthma, die zum Beispiel dabei helfen, Pollenflug und wichtige Wetterdaten im Blick zu behalten.
Speziellere Apps für Patient:innen mit Asthma oder COPD kommen in Form eines Tagebuchs, in dem man zusätzlich wichtige Daten wie zum Beispiel die Peak Flow-Messungen dokumentieren kann und die auch an die nächste Messung oder die Einnahme von Medikamenten erinnern.
Sich zu mehr Bewegung zu motivieren, fällt vielen Patient:innen besonders schwer. Hier können schon ganz einfache Fitness-Apps den nötigen Ansporn geben. Es ist erstaunlich, wie schnell man das Gefühl hat, spazieren gehen zu müssen, um „die Reihe“ nicht zu durchbrechen: Denn hat man einmal über ein paar Tage die vergebene Soll-Schrittzahl erreicht und wird von der App gelobt, will man die keinesfalls enttäuschen.
In Kombination mit Fitness-Trackern überwachen einige dieser Apps je nach Einstellungen zahlreiche Gesundheitsparameter von der Pulsfrequenz über den Schlaf bis hin zur Sauerstoffsättigung (auch über Nacht), berechnen Risikofaktoren wie Herzrhythmusstörungen oder Gangunsicherheiten und daraus resultierender Sturzgefahr und warnen bei kritischen Werten. Natürlich sind diese Geräte und Apps nicht in der Lage, eine ärztliche Untersuchung oder Überwachung zu ersetzen, können jedoch im Ernstfall sogar zum Lebensretter werden – nicht nur bei Menschen mit Lungen-Erkrankungen.
Neben Apps, die uns „gute“ Verhaltensweisen antrainieren wollen, gibt es andere, die dabei helfen sollen, „schlechte“ Gewohnheiten abzulegen: Mit Apps zur Rauchentwöhnung sind schon zahlreiche Menschen zu Nichtraucher:innen geworden.
Der Nutzen wissenschaftlich betrachtet
Ob der Einsatz von Apps nicht nur gefühlt, sondern auch wissenschaftlich messbar nutzen kann, wird inzwischen immer häufiger untersucht. Als Beispiel sei hier die App „Kaia COPD“ erwähnt. Im März 2022 wurde eine Studie veröffentlicht, in der das Team um Dr. Marc Spielmanns sich angesehen hat, ob COPD-Patient:innen nach einer Lungen-Reha durch den Einsatz der App ihr Training besser durchhalten. Die eine Hälfte der Studien-Teilnehmer:innen bekamen nach der Reha zur Unterstützung die App mit auf den Weg, die andere Hälfte musste sich ohne App durch das Training nach der Reha beißen. Resultat: 6 Monate nach der Reha zeigte sich in fast allen gemessenen Parametern ein deutlicher Unterschied zwischen den Gruppen. Tatsächlich hielten sich die Patient:innen mit der App viel konsequenter an ihr Trainingsprogramm, während die Kontrollgruppe, die sich selbst motivieren musste, sich recht bald deutlich weniger bewegte als noch in der Reha. Dies zeigte sich dann im Gesundheitszustand der Patient:innen: Wer mit App unterwegs war, hatte nach sechs Monaten weniger Krankheitssymptome und fühlte sich allgemein besser und zufriedener, als die Teilnehmer:innen der Kontrollgruppe.
Die Forschung kommt damit zu dem Ergebnis, dass zumindest schon einmal diese eine App einen klaren Unterschied in der Langzeit-Therapie von COPD machen kann.
Gesundheits- und Fitness-Apps auf dem Prüfstand
Dies muss jedoch nicht für alle Apps gelten und leider kann auch der Einsatz eigentlich „guter“ Apps Risiken bergen: Der Fitness- und Gesundheits-Status von Menschen ist sehr individuell, sollte jedoch beim Training ebenfalls berücksichtigt werden. Trainiert man also allein und ohne Kontrollinstanz munter drauf los, kann man seinen Körper eventuell überlasten und dadurch eher schaden als nutzen. Vor allem Vorerkrankte sollten daher alle Übungen, den Trainingsplan und auch medizinische Faktoren wie die maximale Puls-Frequenz beim Training mit ihren behandelnden Ärzt:innen besprechen. Außerdem sollten die Apps, denen man tatsächlich seine Gesundheit anvertraut, auch von Mediziner:innen mitentwickelt worden sein und im besten Fall auch von den entsprechenden Kontrollinstanzen zertifiziert worden sein.
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