Dezember 15, 2023

Tiere auf Intensivstation: Mehr als nur ein flauschiger Besuch

Tiere machen glücklich, reduzieren Ängste, motivieren, geben Kraft – unter dem wenig emotionalen Begriff „tiergestützte Intervention“ werden genau diese emotional stabilisierenden Einflüsse von Tieren genutzt. Insbesondere im Reha-Bereich werden Tiere schon seit Jahrzehnten erfolgreich eingesetzt. Auf Intensivstationen sind sie bislang eher selten vorzufinden. Vor allem aus hygienischen Gründen gilt hier besondere Vorsicht. Doch es ist möglich.

In diesem Artikel gehen wir der Frage nach, welche Auswirkungen der Einsatz von Tieren auf der Intensivstation für die Patient:innen haben kann und welche Herausforderungen es dabei gibt.

 

Die therapeutische Wirkung von Tieren

Die klinischen Vorteile von Tieren im Allgemeinen und Hunden im Besonderen sind in rehabilitativen Umgebungen seit langem bekannt. Spätestens seit Florence Nightingale, die Mitte des 19. Jahrhunderts bereits die heilsame Wirkung von Tieren schriftlich festhielt.

Tiere haben eine bemerkenswerte therapeutische Wirkung – nicht nur auf die Psyche. So wurde beispielsweise festgestellt, dass das Schnurren von Katzen eine Frequenz besitzt, die die Heilung von Knochenbrüchen fördert und die Knochendichte steigert. Auch bei Lungenkrankheiten scheint Katzenschnurren einen Effekt zu haben. Es gibt sogar inzwischen eine Art künstliche Katze: ein Gerät, das Katzenschnurren simuliert und bei COPD, Asthma und Bronchitis die Lungenfunktion um bis zu 29 % verbessern soll.

 

Darüber hinaus spielt die Interaktion mit Tieren eine wichtige Rolle bei der Stressreduktion. Studien konnten zeigen, dass das Streicheln von Haustieren den Blutdruck senken und das Wohlbefinden steigern kann. Außerdem können  Tiere zur Reduktion von Ängsten und zur Verbesserung der emotionalen Gesundheit beitragen. Tierische Anwesenheit kann Menschen helfen, sich entspannter zu fühlen, was in nahezu allen therapeutischen Settings zur Verbesserung des Behandlungserfolgs beitragen kann.

 

Warum Tiere auf der Intensivstation?

Intensivstationen machen Angst. Nicht nur, weil man für gewöhnlich extrem krank ist, wenn man sich auf ihnen befindet. Auf einer Intensivstation ist es nahezu nie leise. Und auch nicht dunkel. Man ist auf die Hilfe fremder Menschen angewiesen. Körper und Psyche der Patient:innen sind hier am Limit.

Tiergestützte Therapien auf Intensivstationen bieten mehrere Vorteile, sowohl für Patient:innen als auch für das medizinische Personal. Tiere, insbesondere Hunde und Katzen, bieten emotionale Unterstützung und Trost. Auf Patient:innen, die sich isoliert oder ängstlich fühlen, kann die Anwesenheit eines Tieres beruhigend wirken. Wie oben beschrieben, haben Studien gezeigt, dass der Kontakt mit Tieren Stress und Angst reduzieren kann. Dies hat positive Auswirkungen auf den Heilungsprozess: der Blutdruck sinkt, die Herzfrequenz stabilisiert sich und das allgemeine Wohlbefinden steigt.

 

Abgesehen davon kann die Möglichkeit, mit einem Tier zu interagieren, das Erlebnis im Krankenhaus für Patient:innen angenehmer machen, was einen direkten Einfluss auf die Motivation und Kooperation bei allen Therapien hat: Tiere können Patient:innen motivieren, sich zu bewegen oder an Therapien teilzunehmen. Tiere können eine Brücke zwischen dem medizinischen Personal und den Patient:innen bilden und die Interaktion unterstützen. Soziale Interaktionen zwischen Patient:innen und medizinischem Personal werden somit gefördert und erleichtert. Doch das Personal profitiert auch direkt: Die Anwesenheit der Tiere kann  auch bei ihnen den Stress reduzieren und die Arbeitsatmosphäre insgesamt verbessern.

 

Was sind die Herausforderungen?

Auf Intensivstationen müssen bestimmte Standards eingehalten werden. Dabei geht es nicht nur um die Hygiene. Die Patient:innen werden meist über Zugänge und Kabel versorgt und überwacht – natürlich muss sichergestellt sein, dass ein Tier diese Verbindungen nicht versehentlich trennt oder Patient:innen, medizinische Geräte oder das Fachpersonal  gefährdet oder behindert. Und auch für Tiere stellt die Umgebung auf der Intensivstation unter Umständen eine hohe Belastung dar.

Tiere, die auf Intensivstationen eingesetzt werden sollen, müssen daher nicht nur regelmäßig gesundheitlich gecheckt, sondern auch sehr gut ausgesucht und ausgebildet werden. Nur so ist sichergestellt, dass sie in einer so intensiven Umgebung ruhig und kontrolliert reagieren. Nicht jeder Hund eignet sich als Therapiehund und bringt die nötige Gelassenheit und Nervenstärke mit, um auch auf einer Intensivstation eingesetzt werden zu können.

Nichtsdestotrotz werden unter anderem in England Hunde sehr erfolgreich auf Intensivstationen eingesetzt. Nationale Richtlinien geben den Rahmen dafür vor.

 

Echte Geschichten, echte Auswirkungen

Es gibt zahlreiche berührende Geschichten von Patient:innen auf Intensivstationen, die durch den Kontakt mit Tieren wieder Hoffnung und Lebensfreude gefunden haben. Von dem Komapatienten bzw. der Komapatientin, der bzw. die beim Hören des Schnurrens einer Katze zum ersten Mal seit Wochen reagierte, bis hin zu dem schwer kranken Kind, das durch das Streicheln eines Hundes zum ersten Mal seit Tagen lächelte – die positiven Auswirkungen sind unbestreitbar.

Tiere sind mehr als nur flauschige Begleiter:innen. Ihr Einsatz auf Intensivstationen kann physische und emotionale Erleichterung bringen und sogar den Heilungsprozess beschleunigen. Mit sorgfältiger Planung und Überlegung können Tiere eine wertvolle Ergänzung zur medizinischen Versorgung auf der Intensivstation darstellen und sowohl Patient:innen als auch Pflegekräften und Mediziner:innen Freude und Trost bringen. Es ist eine Synergie, die das Beste aus Mensch und Tier hervorbringt, und ein weiterer Beweis dafür, dass der Heilungsprozess auf verschiedene Weisen unterstützt werden kann.

Haben Sie Fragen oder benötigen Sie Informationsmaterial?

Dann hören Sie gerne in unseren Podcast hinein. Die Links zu Spotify und Youtube finden Sie bei den Social-Icons auf dieser Seite. Der Podcast steht Ihnen jedoch auch auf allen anderen gängigen Plattformen zur Verfügung. In unserem Downloadbereich können Sie sich außerdem gerne die Flyer für Patient:innen oder Fachkreise herunterladen. Auf der Startseite finden Sie darüber hinaus ein Erklärvideo, das PRiVENT kurz und knapp erklärt. 

Leave a comment